Das Interesse, ans Ende der Stoffwechselkette zu blicken, war groß: Insgesamt kamen über 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zusammen, um sich im Hause der Stadtentwässerung Dresden zunächst über die Eintragswege von Arzneimittel-Spurenstoffen in unsere Gewässer zu informieren, was eine Kläranlage diesbezüglich leistet und darüber hinaus, welche Möglichkeiten und Wege es geben könnte, diese Einträge zu minimieren.
Die Teilnehmenden erfuhren, dass jeder Wirkstoff individuelle Eigenschaften in Bezug auf seine biologische Abbaubarkeit hat. Nach Passieren des menschlichen Körpers gelangen unterschiedlich große Mengen der Wirkstoffe unverstoffwechselt oder in Form von Biotransformationsprodukten über die Toilette zum nächstgelegenen Klärwerk. Ein Großteil der dort ankommenden Stoffe kann zwar aus dem Abwasser herausgeholt werden, jedoch schwanken diese Eliminationsraten je nach Ausgangsstoff und auch eine technische Aufrüstung wird nicht in der Lage sein, 100% der ankommenden Spurenstofffrachten zu tilgen.
Daher betonte Gunda Röstel, kaufmännische Geschäftsführerin der Stadtentwässerung Dresden in ihrem Vortrag, dass die sogenannte End-of-Pipe-Lösung langfristig keine Strategie sein kann, um mit dieser Problematik umzugehen. Vielmehr sollte verursachergerecht, das heißt vorbeugend nach Lösungen gesucht werden, um Mensch und Natur gleichermaßen gesund zu halten.
Wie kann das aber gelingen und wie können Ärzte und Ärztinnen in ihrer Berufspraxis dazu beitragen? Im Wesentlichen wurden dazu drei Ansätze vorgestellt: Reduktion der verschriebenen Medikamente, in einigen Fällen Substitution durch weniger problematische Stoffe und künftig alternative pharmazeutische Grundstoffe.
Eine Reduktion der verschriebenen Arzneimittel und das ohne das Patientenwohl zu gefährden, ist möglich. Das zeigt ein Ansatz des Universitätsklinikums Dresden. Dort gelang es durch punktgenaue Dosierung (Unit-Dose) bis zu 40% der Medikamente einzusparen.
Substitutionsmöglichkeiten von Wirkstoffen, die nachweislich umweltbedenklich sind, sind natürlich nicht in allen Bereichen gegeben, aber Möglichkeiten gibt es dennoch. So kann beispielsweise das Analgetikum Diclofenac in vielen Fällen durch den leichter abbaubaren Stoff Ibuprofen ersetzt werden.
Geforscht wird zudem aktuell an der TU Dresden zum Konzept der biogenen Grundstoffe bei Pharmazeutika unter der Unterschrift "Benign by Design". Hier würde der Verbleib eines Medikaments in der Umwelt schon von Beginn seiner Entwicklung in den Blick genommen.
Die zahlreichen Ansätze zeigen, dass es keine einfache und pauschal zu verordnende Lösung gibt, um Spurenstoffe in unseren Gewässern wirksam zu reduzieren. Vielmehr ist die Anstrengung aller Akteure notwendig.
Die Teilnehmenden der Fortbildung zeigten sich durchweg interessiert und dankbar für die angebotenen Informationen und nehmen sicher die ein oder andere Erkenntnis für ihre Berufspraxis mit.
Bei strahlendem Sommerwetter kamen viele Dresdner zum Tag der offenen Tür zur Kläranlage Dresden-Kaditz. Eine einmalige Gelegenheit für viele Gespräche zu Mikroschadstoffen und zum
Projekt "MikroModell".
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Die Projekt-Kollegen des Instituts für Hydrobiologie der TU Dresden waren zur langen Nacht der Wissenschaften am Freitag, 15. Juni 2018, mit einem Stand vertreten.
Dr. Dirk Jungmann hielt einen Vortrag zum Thema "Wie verschmutzt sind unsere Gewässer?".
Hingucker waren die drei anschaulichen Toilettenmodelle ("Was gehört NICHT in die Toilette?"), die die Stadtentwässerung Dresden GmbH zur Verfügung gestellt hatte. Vielen Dank an alle beteiligten Kolleginnen und Kollegen.
Bildquelle: Jana Schneider
Unter der Überschrift „Medizin trifft Kläranlage“ trafen sich am 23. April 2018 in der historischen Siebscheibenhalle des Klärwerkes Dresden-Kaditz 130 Experten aus dem Medizin- und Wassersektor zum Dialog. Unter der Federführung des sächsischen Forschungsprojektes „MikroModell“ widmete sich der Dialog folgenden Fragen: Wie gehen wir mit dem steigenden Arzneimittelkonsum um? Was muss getan werden, damit Arzneimittel umweltfreundlicher und die Gewässer weniger belastet werden?
„Wirksame Eintragsminderungen lassen sich nur im Dialog mit der Pharmaindustrie über Forschung und Entwicklung, mit Ärzten und Apothekern und nicht zuletzt mit den Verbrauchern selbst erreichen“, ist die kaufmännische Geschäftsführerin der Stadtentwässerung Dresden, Gunda Röstel, überzeugt. Die Herausforderung der unerwünschten und nicht kontrollierbaren Folgen der Arzneimittelreststoffe in der Umwelt wird immer dringlicher vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung und dem dramatisch steigenden prognostizierten Arzneimittelkonsum. Eine Studie des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. (BDEW) erwartet bis 2045 Steigerungsraten um bis zu 70 Prozent. Die Kläranlagen von heute mit einer 3. Reinigungsstufe lösen das Problem nicht bzw. nur teilweise bezogen auf einzelne Stoffgruppen. Aber auch eine 4. oder 5. Reinigungsstufe, die mit einem deutlich höheren
Energieverbrauch und daraus folgend mit erheblichen Kosten zulasten der Bürger
verbunden wäre, bieten keine 100-prozentige Lösung.
Dr. Florian Reißmann, Geschäftsführer der BDEW-Landesgruppe Mitteldeutschland, stimmt zu: „Bevor wir uns Gedanken über die Einführung weiterer Reinigungsstufen machen, sollten wir das Problem an der Wurzel packen und alles daran setzen, damit Medikamente richtig entsorgt werden. Wir brauchen eine Arzneimittel-Strategie, die sowohl die Hersteller als auch die Anwender und Verbraucher in die Pflicht nimmt. Es darf nicht sein, dass die Wasserwerke und Abwasserunternehmen zu Reparaturbetrieben unserer Gesellschaft werden und dafür auch noch die Kosten tragen."
Professor Peter Krebs, Institutschef der Siedlungswasserwirtschaft an der TU Dresden und Leiter des Forschungsprojekts „MikroModell“, sagt: „An erster Stelle sind im Sinne des Vorsorgeprinzips Maßnahmen zur Vermeidung und Verminderung an der Quelle anzustreben. Das schließt im weiteren Verlauf ergänzende Maßnahmen zum Schutz der Gewässer vor unerwünschten Folgen nicht aus. Diese müssen aber mit und zwischen den Akteuren abgewogen und auf der Basis ökonomischer, ökologischer und sozialer Kriterien fair ausgehandelt werden.“
Alle Referenten machten deutlich, dass von der Aufgabe einer sachgerechten,
flächendeckenden Entsorgung von Restmedikamenten, über Forschung und Entwicklung im Pharmabereich bis zum sorgsamen Arzneimittelgebrauch noch viel zu tun bleibt. Gute Ansätze gibt es bereits, vom Entsorgungsmodell der Medikamentenrücknahme in Chemnitz oder Leipzig bis zum klinikübergreifenden infektiologischen Konsildienst sowie dem Einsatz von Stationsapothekern am Uniklinikum Dresden. „Im Interesse der Patientengesundheit, aber auch mit Blick auf Umwelt und Kosten, konnten wir am Uniklinikum Dresden den Medikamentenkonsum deutlich senken — allein durch die fachgerechte Beratung“, berichtete Professor Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand
des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden.
Nicht zuletzt ist der Bereich „Forschung und Entwicklung“ gefragt, besser abbaubare und umweltverträgliche Arzneimittelstoffe zu entwickeln. Unter der Überschrift „Benign-by-Design“, weckte Professor Klaus Kümmerer von der Leuphana Universität Lüneburg daher die Hoffnung, dass das Problembewusstsein in der Pharmaindustrie angekommen ist: „Wir forschen an Pharmazeutika, die sich leicht in der Umwelt von Bakterien abbauen lassen und sehen hier großes Zukunftspotenzial.“
Konkrete Ansätze zur Reduzierung des Eintrages von Arzneiwirkstoffen verfolgt auch das Sächsische Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft. Mit Apothekerverbänden wurden Systeme zur Rücknahme von Altmedikamenten und bedarfsgerechter Konfektionierung erörtert. Weiteres Potential sieht das Ministerium darin, Ärzte durch Information über Umweltauswirkungen zu einer stringent bedarfsgerechten Medikamentierung anzuhalten. Deshalb bekam der Redebeitrag von Ministerialdirigent Ulrich Kraus viel Beachtung. „Ich freue mich über den offenen, kritisch-konstruktiven Dialog hier in Dresden. Genau das brauchen wir regional, national, aber auch auf europäischer Ebene. Dafür werde ich mich einsetzen!“, so Ulrich Kraus.
Die Gastgeber aus dem Forschungsverbundprojekt „MikroModell“ und des BDEW zogen ein erstes Fazit: Der Anfang für einen guten Dialog ist gelungen, nun kommt es auf die Fortsetzungen und konkrete Folgemaßnahmen an. Der Stakeholder-Dialog des Bundesumweltministeriums bietet hierfür eine wichtige Plattform.
Download des Programms:
Vorträge zum Download (werden weiter vervollständigt):
BLOCK I: Den Mikroschadstoffen auf der Spur
Umgang mit Arzneimitteln – eine Herausforderung nicht nur für Patienten
Gunda Röstel, Stadtentwässerung Dresden GmbH & GELSENWASSER AG
Arzneimittelrückständen auf der Spur: MikroModell – ein Verbundprojekt
Prof. Dr. sc. techn. Peter Krebs, TU Dresden, Institut für Siedlungs- und Industriewasserwirtschaft, Lehrstuhl Siedlungswasserwirtschaft
Arzneimittelrückstände in Gewässern: Die rechtliche Perspektive
Prof. Dr. iur. Liv Jaeckel Technische Universität Bergakademie Freiberg,
Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insb. Technik und Umweltrecht
Entwicklungen, Nutzen und Kosten im Arzneimittelkonsum vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung und Ideen für einen intelligenten Umgang
Prof. Dr. med. D. Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden (UKD)
BLOCK II: Bei Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Apotheker…?
Beratung bei Kombination von Medikamenten spart Kosten: Beispielprojekt UKD
Dr. Holger Knoth, Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA), Leiter Klinik-Apotheke UKD
Arzneimittel- und Impfstoffherstellung als Ausgangspunkt für Herausforderungen an die Abwasserbehandlung
Dr. Peter Schu, GlaxoSmithKline Biologicals, NL der SmithKline Beecham Pharma GmbH & Co. KG
Benign-by-Design – Konzept der grünen und nachhaltigen Pharmazie zum Schutz von Wasserressourcen
Prof. Dr. Klaus Kümmerer, Leuphana Universität Lüneburg
Politische Handlungschancen zur Vermeidung/Verminderung von Arzneimittelrückständen in der Umwelt
Ulrich Kraus, Abteilungsleiter im Sächsischen Staatsministerium
für Umwelt und Landwirtschaft
Sechzehn sächsische Lehrer von Grund-, Ober-, Lernförder- und Berufsschulen informierten sich am 15. Januar 2018 über die Angebote der Stadtentwässerung Dresden GmbH (SEDD) zum Thema Gewässerschutz. Der Veranstaltungsort des Lehrer-Infotages war das Schülerlabor auf der Kläranlage Dresden-Kaditz. Es handelte sich um ein Angebot vom Landesamt für Schule und Bildung zur Lehrerfortbildung. Neben umfangreichen Informationen zur Abwasserbeseitigung und -reinigung ging es auch um das aktuelle Thema Mikroschadstoffe. Speziell dafür hat die SEDD Unterrichts-Lektionen für die Primar- und Sekundarstufe entwickelt. Den Schülern soll im Umgang mit alltäglichen Stoffen wie Kosmetik, Farbe, synthetische Fasern und Arzneimittel bewusst werden, welche Auswirkungen diese auf den Wasserkreislauf haben können.
Die Lehrer sprachen mit den Abwasserexperten über die mechanischen und biologischen Reinigungsverfahren, experimentierten mit Wasser und besichtigten das Klärwerk.
Ein MikroModell-Team war auf der 19. Dresdner Abwassertagung zu Gast. Auf der Bühne stellten Anne-Kathrin Sundheim, Prof. Joachim Fauler, Dr. Dirk Jungmann und Prof. Peter Krebs in einem 20-minütigen Vortragsblock den derzeitigen Pro- jektstand vor.
Am Ausstellungsstand von "MikroModell" weckten die lebenden Daphnien (Wasserflöhe) das Interesse der Besucher.
Die Stadtentwässerung Dresden GmbH (SEDD) macht derzeit mit einer Kampagne "Kein Müll ins Klo" auf sich aufmerksam und begleitet dies u. a. mit einem Reim- wettbewerb und kurzen, witzigen Videoclips, die sich Konferenzbesucher am Stand von "MikroModell" anschauen konnten. Dass Medikamente nicht in die Toi- lette gehören, bedurfte dank des lebensgroßen Toilettenmodells der SEDD keiner weiteren Erklärung.
Vielen Dank für die Unterstützung an die Kolleginnen und Kollegen der Stadtent-wässerung Dresden GmbH!
Nach dem offiziellen Projektstart vor neun Monaten fand am 4. November 2016 die erste Zwischenbegutachtung mit Fördermittelgebern und Projektbeirat statt.
Über 70 Experten aus der Wasserwirtschaft, Verwaltung und Politik nahmen an der Auftaktkonferenz zum Verbundvorhaben "MikroModell" in Dresden teil.